Schwester Maria Benedikta Ströle OSB (1918 - 2005)
Viele Menschen kannten unsere Schwester Maria Benedikta von ihren Vortragsreisen und ihren Kursen in unserem Gästehaus. Ihre fundierten Einführungen in die Psalmen haben vielen geholfen, einen Zugang zum
Psalmengebet zu finden.
Unter dem Titel "Psalmen heute" hat sie die Psalmen als Gebet in einen aktuellen Kontext gestellt. Immer wieder wird in Kellenried nach diesen Texten gefragt. Ein Beispiel:
nach Psalm 130
Nächte
Das ist das Gute
bei jeder Nacht: der Tag kommt.
Das ist das Gute
im kalten Winter: es wird Frühling.
Das ist das Gute,
wenn die Schwalben ziehen: sie kommen wieder.
Solange die Erde steht,
folgt Saat und Ernte, Kälte und Hitze,
Sommer und Winter, Tag und Nacht:
Das hat dein Treue-Wort einst
nach der vernichtenden Flut
dem Menschen verbürgt.
Aber es gibt Nächte, Herr, die stehen
nicht im Kalender mit Anfang und Ende verzeichnet,
Nächte: schwarz, drohend, endlos, ohne Grenze. . .
Nächte der Todesnot,
Nächte, vom Schmerz durchstochen,
Nächte, von Angst gewürgt,
Nächte, von Hass und Abscheu geschüttelt,
Nächte mit leeren Augenhöhlen
sinnlosen Dunkels.
Gott, gilt auch für diese
grenzenlosen Nächte dein
Treue-Wort, du
Erlöser Israels?
Ich warte, Herr.
Noch lasse ich dich nicht.
Weitere dieser Texte finden Sie in Zukunft immer wieder im Wechsel mit verschiedenen spirituellen Impulsen auf den Seiten unserer Homepage rechts eingeblendet.
Nachtherberge
Wir wünschen uns gegenseitig immer wieder einen guten Morgen und einen guten Abend, einen guten Tag und eine gute Nacht – das Zusammenleben selbst fremder Menschen wird dadurch freundlicher. Die verschiedenen Zeiten des Tages sollen unter einem guten Vorzeichen stehen. Aber heißt das nicht letztlich, dass Wir hoffen, Gott möge unsere Wünsche einlösen?
Das kirchliche Nachtgebet (die Komplet) entlässt die Beter am Ende des Tages mit dem Wunsch: „Eine ruhige Nacht und ein gutes Ende gewähre uns der allmächtige Herr.“ Lateinisch steht da „finem perfectum“ – ein perfektes Ende also soll unser Tag haben. Damit ist auch das Ende unseres Lebens gemeint, aber nicht nur. Zuerst geht es mal um das Tagesende. Oft ist es gar nicht so einfach, überhaupt ein Ende zu finden; vieles bleibt täglich unerledigt, die Gedanken sind noch unruhig vom Vielerlei des Tages oder das interessanteste Programm wird erst am späten Abend gesendet… Aber einmal muss das Herz doch umschalten auf Ende und Ruhe. Die betende Kirche bietet dafür Worte aus Psalm 31 an in dem Antwortgesang, der Abend für Abend wiederholt wird: „Herr, auf dich vertraue ich, in deine Hände lege ich mein Leben. Lass leuchten über mir dein Angesicht, hilf mir in deiner Güte. In deine Hände lege ich mein Leben. „Nelly Sachs nennt in einem Gedicht die Psalmen „Nachtherbergen für die Wegwunden“. Diese Herberge steht uns offen – Abend für Abend.
C. D.