Erzabt Raphael Walzer von Beuron beauftragte als Bauherr des neuen Benediktinerinnenklosters in Kellenried den Freiburger Oberregierungsbaurat Prof. Adolf J. Lorenz (1882-1970) mit der Planung. Lorenz gehörte zu jener Zeit zu den "beachtetsten Architekten Deutschlands".
Sein Stil, wie er sich auch im Idealplan für das Kloster in Kellenried zeigt, wird dem "Dritten Barock" zugerechnet, in dem sich neobarocke Formen mit Elementen aus Jugendstil und Neuer Sachlichkeit verbinden.
Der Kellenrieder Idealplan orientiert sich an den großen Klosteranlagen Oberschwabens, wurde aber nur etwa zur Hälfte ausgeführt.
Grundsteinlegung war am 15. Juli 1923.
Am 7. Sept. 1924 konnten die Gründerinnen einziehen und mit dem Fest Mariä Geburt das feierliche Gotteslob in Kellenried beginnen.
Im November 1924 mußten die Arbeiten am Außenbau aus finanziellen Gründen eingestellt werden. Die provisorisch eingerichtete Kirche wird am 16. November 1925 benediziert. Außer einem 1930 gestifteten Altar bleibt die Ausstattung der Abteikirche nach dem Idealplan unvollendet. Von 1940 bis 1945 was das Kloster von der Gestapo beschlagnahmt, der Konvent lebte im Exil.
Zwischen 1955 und 1965 werden noch einige Baulücken der Klosteranlage geschlossen (Anbau der Gästekirche, Westflügel, Verlängerung der Nordseite). Die lange ersehnte Kirchweihe kann am 15. Mai 1958 gefeiert werden.
Eine künstlerisch einheitliche Gestaltung im Innenraum der Kirche wurde aber erst mit der ab 1983 einsetzenden umfassenden Renovierung möglich.
Die Aufgabe lag in den Händen des Kölner Bildhauers Prof. Elmar Hillebrand. In Zusammenarbeit mit dem Konvent entstand das Gesamtkonzept für die Neugestaltung der liturgischen Orte (Altar, Tabernakelstele, Ambo), für die Fenster, das Chorgestühl und die beiden Orgeln.
Nachtherberge
Wir wünschen uns gegenseitig immer wieder einen guten Morgen und einen guten Abend, einen guten Tag und eine gute Nacht – das Zusammenleben selbst fremder Menschen wird dadurch freundlicher. Die verschiedenen Zeiten des Tages sollen unter einem guten Vorzeichen stehen. Aber heißt das nicht letztlich, dass Wir hoffen, Gott möge unsere Wünsche einlösen?
Das kirchliche Nachtgebet (die Komplet) entlässt die Beter am Ende des Tages mit dem Wunsch: „Eine ruhige Nacht und ein gutes Ende gewähre uns der allmächtige Herr.“ Lateinisch steht da „finem perfectum“ – ein perfektes Ende also soll unser Tag haben. Damit ist auch das Ende unseres Lebens gemeint, aber nicht nur. Zuerst geht es mal um das Tagesende. Oft ist es gar nicht so einfach, überhaupt ein Ende zu finden; vieles bleibt täglich unerledigt, die Gedanken sind noch unruhig vom Vielerlei des Tages oder das interessanteste Programm wird erst am späten Abend gesendet… Aber einmal muss das Herz doch umschalten auf Ende und Ruhe. Die betende Kirche bietet dafür Worte aus Psalm 31 an in dem Antwortgesang, der Abend für Abend wiederholt wird: „Herr, auf dich vertraue ich, in deine Hände lege ich mein Leben. Lass leuchten über mir dein Angesicht, hilf mir in deiner Güte. In deine Hände lege ich mein Leben. „Nelly Sachs nennt in einem Gedicht die Psalmen „Nachtherbergen für die Wegwunden“. Diese Herberge steht uns offen – Abend für Abend.
C. D.